Brüssel. Kaum eine größere Unternehmensrestrukturierung kommt ohne die Mitwirkung von Banken aus. Bisher sittenwidriges Handeln bei der Finanzierung von Krisenunternehmen könnte jetzt durch einen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission legalisiert werden. Damit will die Europäische Kommission das Investment in ein Krisenunternehmen erleichtern. Mit ihren Vorschlägen will sie Regeln schaffen, durch welche der Schuldner nahezu autonom neuen Kapitalgebern bevorzugte Befriedigung verschaffen kann. Das Nachsehen haben die bisherigen Finanziers des Unternehmen: Zwar sollen einmal gestellte Kreditsicherheiten unangetastet bleiben, ihre ungesicherten Forderungen sollen indes nur nachrangig erfüllt werden. Auch Kündigungsrechte bisheriger Darlehensgeber sollen für einige Zeit eingeschränkt werden können.
Bislang ist die Finanzierung eines Krisenunternehmens hierzulande riskant. Da das deutsche Recht verhindern will, dass ein defizitäres Unternehmen zu Lasten seiner Gläubiger weiterwirtschaftet, knüpft es die vorinsolvenzliche Neukapitalisierung an das objektive Bestehen von Sanierungsaussichten, was in teuren Gutachten nachzuweisen ist. Andernfalls kann der Krisenkredit leicht als sittenwidrig klassifiziert werden. Der Kreditgeber läuft in diesem Fall Gefahr, Rückzahlungsansprüche und Sicherheiten verlieren, sich schadensersatzpflichtig zu machen oder sogar Strafbarkeiten zu begehen.
Die Autoren Prof. Dr. Florian Stapper und Dr. Benjamin Böhme zeigen in einem aktuellen Forschungsaufsatz, der in Ausgabe 5 der Zeitschrift für Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI) erscheinen wird, welche grundlegenden Änderungen die geplante Restrukturierungsrichtlinie bei der Finanzierung hierzulande mit sich bringen würde und welche Auswirkungen dies auf die Strategien und Risiken neuer und alter Kreditgeber hätte.
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